Posts Tagged ‘VDP’

2008 Weingut Schloss Proschwitz -Prinz zur Lippe- – Elbling Qualitätswein trocken

26. September 2010

Der Produzent: Schloss Proschwitz -Prinz zur Lippe-

Weinbauland und -region: Deutschland – Sachsen

Jahrgang: 2008

Alkoholwert: 11,5%

Trauben: 100% Elbling

Trockenheitsgrad: trocken

Vinotiz: Aus dem wunderschönen Meißen in Sachsen gibt es gar vieles zu berichten: zum einen wird hier ein besonderer sächsischer Dialekt gesprochen: das Südostmeißnische. Eher bekannt ist das berühmte Meißner Porzellan. Wer dieses in der DDR (umgangssprachlich Täät-Täääh-Rääh) besaß, galt als wohlhabend und im Gespött der Nachbarschaft als tendenziell systemzugewandt. Das „Meißner Fummel“ hat nichts mit gescheiterten Dribbelkünsten sächsischer Fußball-Edeltechniker zu tun, sondern ist ein sehr feines und zerbrechliches Gebäck aus Nudelteig.

Sehr fein und wage waren auch die Möglichkeiten von Georg Prinz zur Lippe, der das Schloss Proschwitz in Meißen 1996 rück erwarb, nach dem die Familie zur Lippe nach 1945 im Zuge der Bodenreform staatlich enteignet wurde und das Schloss jahrzehntelang vor sich hin gammelte. Mit größtem finanziellen Risiko und erheblicher Unterstützung der „Deutschen Stiftung Denkmalschutz“ gelang es ihm Schloss und Grundstück in neuem Glanz leuchten zu lassen und ein absolutes Vorzeigeweingut in den Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) zu führen.

Heutzutage ist das Weingut vor allem für seine Weißburgunder und Traminer beliebt und hoch geschätzt. Zu meinen persönlichen Favoriten gehört ohne Zweifel die Scheurebe, die als trockener Kabinettwein ein Evergreen zu werden „droht“. Mein Tipp: total gut zu selbstgemachter grüner Pesto und Tagliatelle.

Weiter im Proschwitz-Programm ist die seltene Rebsorte „Elbling“. Der „Farbatlas Rebsorten“ von 1998 schreibt hierzu: „Anspruchslos, ertragssicher“…“früh austreibend“…“leicht, fruchtig, neutral. Als Tischwein zu Fisch, auch zur Sektherstellung“. Da möchte man zunächst sagen: „Na dann mal gute Nacht“. Wer diesen Worten aus den späten 90ern Glauben schenkt und am Ladenregal an Proschwitz‘ Elbling vorbei schlendert und, beispielsweise,  selbstbewusst zu Zimmerlings Weinen mit den markanten Etiketten, auf denen Plastiken seiner Ehefrau, die eine Bildhauerin ist, greift, verpasst eine sicherlich zierliche, aber eigenständige und bekömmliche Köstlichkeit.

Die Farbe ist hellgelb, mit aktuell noch zarten grünen Reflexen am Glasrand und der Wein duftet nach Limetten, feinem Honig und Birnen. Der erste Schluck empfängt mich im Vorraum des bald folgenden zweiten Schlucks. Unglaublich sanft läuft dieser Wein die Kehle hinab, ohne anspruchslos zu sein. Sicherlich ein perfekter Wein für heiße Sommertage und laue Nächte auf der Terrasse/auf dem Balkon/im Wohnzimmer bei offenem Fenster. Dazu Streicherquartette, die dem sächsischen Barock huldigen und schon wähnt man sich nicht im hier und jetzt, sondern ca. 350 Jahre zurück in der Zeit. Kellermeister Martin Schwarz kultiviert mit Bedacht eine Rebsorte, die zur Region passt und einfach gut schmeckt. In der Tat fruchtig mit Anklängen von weißem Pfeffer. Keine Edelsorte wie der Riesling und gewiss auch nicht so langlebig, aber manchmal will man einen Wein auch auf dem Höhepunkt seiner Trinkbarkeit erleben und dabei nicht mit altern müssen bis die Haare dünn und/oder grau werden. Für diese hohe Qualität bin ich auch bereit einen Preis von über zehn Euro zu bezahlen.

Man kann den Wein als Solisten lieben lernen. Wen Gevatter Hunger treibt sollte bei leichter wie mittelschwerer Küche zu ihm greifen. Normalerweise passt Pasta hier immer gut, doch statt Mediterranem füllte mein Teller gestern eine würzig-heiße Vichyssoise. Der dunkle Pfeffer wurde von der leichten Fruchtsüße des Elbling wunderbar abgepuffert und die goldblattdünne Viskosität passte genau zur Cremigkeit der Suppe. In Windeseile war die Flasche dann auch schon geleert.

Ein weiterer Tipp aus dem Hause Proschwitz ist für Nachahmer neben der Scheurebe oder dem Weißburgunder unbedingt der Goldriesling. Dann bitte aber Nudeln kochen und wie Goethe in Italien fühlen. Buon appetito!

(mt)